Systemtheorie und Konstruktivismus im praktischen Alltag | Konstruktivismus | Ursache und Wirkung

Struktur



Wenn also mittels Erkenntnis ein gangbarer Weg, eine Viabilität, gefunden wurde, ist es dann möglich Ursache und Wirkung klar zu definieren? Die Antwort ist nein und die Begründung ist folgende:

In der Mathematik gibt es zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten die Modelle der trivialen und der nicht-trivialen (Rechen)Maschine. Bei beiden Maschinen gibt man einen Input (Eingabe) und bekommt einen Output (Ausgabe, Ergebnis). Bei der trivialen Maschine erzeugt die gleiche Eingabe immer die gleiche Ausgabe. Man kann sich das wie bei einem Automaten vorstellen: Drückt man die Taste 1, so kommt das Produkt A heraus; drückt man die Taste 2, so kommt Produkt B heraus; usw. 1

Das Problem ist nur, der Automat ist, wie alles, keine triviale, sondern eine nicht-triviale Maschine. Bei einer nicht-trivialen Maschine ist das Problem, das der innere Zustand der Maschine, der vergangenheitsabhängig ist (z.B. was für ein Input zuvor erfolgte), eine Rolle spielt, dieser aber meist nicht bekannt ist. D.h. bei gleicher Eingabe kann unter Umständen ein völlig anderes Ergebnis herauskommen. Daher ist das Ergebnis nicht vorhersehbar. 1

Beim Beispiel mit dem Automaten könnte dies sein, daß andere Benutzer zu oft die Taste 2 gedrückt haben, so daß das Produkt B nicht mehr vorhanden ist. Dies kann man als Benutzer jedoch nicht wissen, wenn kein Fenster oder eine Anzeige vorhanden ist. Im Alltag ist es üblich zu trivialisieren, d.h. man arbeitet mit dem Gedankenmodell einer trivialen Maschine und findet bei einem Ergebnis, das man so nicht erwartet hat, eine Begründung, warum dies so ist. Ob die Begründung der Wirklichkeit entspricht, läßt sich nicht wirklich feststellen, da die Wahrnehmung des Menschen begrenzt ist. Wie geht man jetzt damit um? Von Foerster hat sich die gleiche Frage gestellt:

"Aber da entsteht die Frage, wie verhält man sich gegenüber einer Welt, die analytisch unbestimmbar, vergangenheitsabhängig und unvorhersagbar ist? Ich sehe drei Antworten:
  1. Ignoriere die Frage;
  2. Trivialisiere die Welt;
  3. Entwickle eine Epistemologie der Nicht-Trivialität" 1
Schaut man genau hin, so findet man viele Situationen, in denen man feststellt, daß man nicht weiß, warum etwas geschieht. Ein Beispiel ist die plötzliche Erkrankung völlig gesunder Menschen, oder die Spontanheilung von totkranken Menschen. Um nicht in den absoluten Relativismus zu fallen, ist es sinnvoll sich mit der Nicht-Trivialität und der dazugehörigen Komplexität zu beschäftigen:

Eine Möglichkeit hierzu ist die Systemtheorie.

Quellen:

1 von Foerster, H. (2005). Entdecken oder Erfinden. Wie läßt sich Verstehen verstehen? In Gumin, H. & Meier, H. (Hrgs.), Einführung in den Konstruktivismus (8. Auflage). München: Piper, 41 - 88.


STARTSEITE | IMPRESSUM | DATENSCHUTZ | HAFTUNGSAUSSCHLUSS | © 2023 Christian Wehner