Systemtheorie und Konstruktivismus im praktischen Alltag | Konstruktivismus | Leben ohne Wirklichkeit

Struktur



Der Eindruck von Wirklichkeit entsteht zum einen dadurch, daß sich ein bestimmtes Erleben öfter wiederholt, zum anderen, daß die eigene Wahrnehmung von anderen Menschen bestätigt wird.1

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob man, um im Leben zurecht zu kommen, die Wirklichkeit überhaupt erkennen muß, oder ob es nicht ausreicht, wenn man mit einem Wirklichkeitsmodell sichere Vorhersagen bzgl. Handlungen und ihrer Auswirkungen treffen kann (= Viabilität).1

"Damit ist nun klar, daß sich Viabilität immer und ausschließlich nur auf die Fähigkeit bezieht, innerhalb der Bedingungen und trotz der Hindernisse zu überleben, welche die Umwelt oder 'Wirkichkeit' dem Organismus als Schranken in den Weg stellt. Andererseits aber bedingt der Begriff der Viabilität nie eine im vorhinein bestimmte Art und Weise, wie der Organismus dieses Überleben erreichen soll." 1

Für den praktischen Alltag bedeutet dies, daß man seine Entscheidungen mit Hilfe von Denkmodellen trifft, die auf der eigenen Erfahrung und dem Austausch mit anderen beruhen. So lange das gewünschte Ergebnis dabei herauskommt, spielt es eigentlich keine Rolle, ob das Denkmodell einer objektiven Wirklichkeit entspricht. Ein witziges Beispiel hierzu: Steht man an einer roten Ampel, streckt die Hand aus und konzentriert sich darauf, daß die Ampel grün wird, so könnte man denken, daß dies durch die eigene Geisteskraft geschehen ist, wenn die Ampel augenblicklich auf grün schaltet. Wenn dies mehrmals hintereinander gelingt, so hat man den Eindruck, man hätte übersinnliche Fähigkeiten. So lange die Ampel zum richtigen Zeitpunkt grün wird, ist es an sich auch egal, warum sie auf grün schaltet.

Welche Rolle spielt die Wissenschaft?

Quellen:

1 von Glasersfeld, E. (2005). Konstruktion der Wirklichkeit und des Begriffs der Objektivität. In Gumin, H. & Meier, H. (Hrgs.), Einführung in den Konstruktivismus (8. Auflage). München: Piper, 9 - 40.


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